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Rennsteig Supermarathon Ziel SchmiedefeldRennsteiglauf 2010
- Die ist verrückt, denke ich ... -

Das Rennsteiglied dudelt auch am Grenzadler und ich höre den Sprecher sagen: „Dass man selbst nach 55 km noch gut drauf sein kann, beweist die Läuferin mit der Startnummer 1965, Christiane Selle aus Cottbus!“.
Ich dachte, ich höre nicht richtig, senke den Fotoapparat, mit dem ich gerade eine kleine Videosequenz von dieser Verpflegungsstelle aufgezeichnet hatte, und drehe mich um.
Und da steht sie, mitten auf dem Platz, in jeder Hand einen Getränkebecher und schunkelt lächelnd im Rhythmus.
Die ist verrückt, denke ich, und weiß nun aber auch endgültig: wir werden gemeinsam das Ziel erreichen!

Mehr als sieben Stunden früher hatte die Welt noch etwas anders ausgesehen. Als ich auf dem Marktplatz in Eisenach die Startlinie des Supermarathons über 72,7 km überlaufen hatte, war es anders, als jemals zuvor: wir hatten mit Christiane, meiner Lebenspartnerin, die Arme umeinander gelegt und waren gemeinsam über die Startlinie gegangen. Ich war tief gerührt, auch ihr Herz raste! Sie hatte sich kurzfristig für dieses Abenteuer entschieden, ursprünglich sollte es bei ihr auch 2010 "nur" der Marathon sein.
Nun aber war sie hier in Eisenach, pünktlich um 6 Uhr – bereit für den bisher längsten Lauf ihres Lebens! Nur zu deutlich waren ihre Angst und ihr Respekt vor dem, was da auf sie zukam, zu spüren.

„Du hast das drauf, dieser Lauf wird im Kopf entschieden“ und „Nun hast du dich entschieden, also steh auch dazu und sei optimistisch!“ hatte ich auf ihre wiederholten Selbstzweifel vorher und während des Rennens immer wieder gesagt.

Dann waren wir tatsächlich unterwegs.

Christiane war überraschend gut drauf!
Gemeinsam mit Dirk Wiesner, mit dem ich im Vorjahr ein herausragendes Lauferlebnis auf dem Rennsteig hatte, und Petra vom T-Rex-Team, ging es behutsam und vorsichtig über die ersten 25 km auf den Großen Inselsberg. Die Stimmung im Team war hervorragend. Nach dem Inselsberg aber trennten wir uns. Wiese und Petra wollten schneller laufen, wir mit Christiane so behutsam, dass sie nicht vom „Hammermännchen“ erschlagen wird.
Knapp zwei Jahre zuvor waren wir schon einmal auf diesem Weg unterwegs, bei unserer Rennsteigwanderung. Das war heute unser Trumpf: wir hatten gemeinsame Erinnerungen und schwatzten, schwatzen, schwatzten!
Damals war sie am Ende des ersten vollen Wandertages auf der Ebertswiese erschöpft ins Bett gefallen.

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Und nun waren wir wieder da: Ebertswiese, 37,5 km, mehr als die Hälfte ist geschafft. Heute ist nichts mit erschöpft ins Bett fallen, zumindest noch nicht hier!
Wir sind stattdessen gut und planmäßig im Rennen, die Endzeit dürfte bei zehn Stunden liegen, wenn nichts dazwischen kommt. Trotzdem beäuge ich Christiane skeptisch: man merkt ihr nichts an! Bloß gut!

Weiter geht es, jetzt kommt die lange 18 km - Durststrecke nach Oberhof, nur zu oft mein Waterloo in den vergangenen Jahren.
Und tatsächlich: während Christiane ihre Ängste immer mehr dem Optimismus weichen lässt und vorwärts drängt, merke ich es nach 41 km plötzlich: dieses Gefühl der Erschöpfung, das einen fast lähmt! Das geht vorbei, weiß ich, nur weiter, bewegen, bewegen, bewegen!
Jetzt beäugt Christiane mich, so kennt sie mich nicht!
Bleibe ganz ruhig, wird schon, zwinkere ich ihr zu!
Knapp eine Stunde später läuft es wieder und nur kurz danach bleibt uns das Herz vor Freude fast stehen: Wir erreichen km 55, den Grenzadler bei Oberhof! Es ist 13:22 Uhr, wir sind über sieben Stunden unterwegs. Und das Ziel ist nur noch 18 km entfernt …

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Ich hebe den Fotoapparat wieder und filme weiter, nun die tänzelnde Verrückte. Der Sprecher tobt vor Begeisterung!
Dann kam der erste große Moment, auf den ich den ganzen Tag gehofft hatte: gemeinsam, wie wir über die Startlinie gelaufen waren, verließen wir nun den Grenzadler.
Christiane war nicht ausgestiegen!
(Später hat sie mir gesagt, dass sie an die Option, in Oberhof gewertet auszusteigen, überhaupt nicht mehr gedacht hatte!)

Sie war nun regelrecht euphorisch, nur noch schwer zu bremsen! Auch ich wusste nicht mehr, wohin mit den Glücksgefühlen.
Aber der Weg war trotzdem noch weit.
Also wieder meine beschwichtigenden Worte, ganz ruhig zu bleiben, behutsam zu laufen. Der Große Beerberg als die höchste Erhebung des Laufes lag genau jetzt vor uns!

Aber auch der war bald bestiegen, schließlich die Schmücke bei km 64 erreicht und dann …
Dann habe ich aufgehört, den Bremser zu spielen – in einem irren Bergablauf ging es über die letzten ca. 9 km nach Schmiedefeld.
Mit etwa 55 min unserer schnellster Streckenabschnitt des Tages – und wie nicht anders zu erwarten: der bewegendste!

Eigentlich wollten wir wenige Meter vor dem Ziel stehen bleiben, uns noch einmal in den Arm nehmen (und zugegebenermaßen küssen) und dann genüsslich die Ziellinie überlaufen!
Aber nichts ging mehr – der Sog des Zieles, die Freude und das Adrenalin trieben uns voran.
Christiane, vor Freude „heulend wie ein Schlosshund“, ich jubelnd, dass wir es gemeinsam geschafft hatten … wir liefen Hand in Hand ins Ziel … und lagen uns lange in den Armen! Nach 9 Std 39 min 42 sec war es vollbracht!

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Glückwunsch, du Verrückte,
und danke!
Du hast mir den schönsten 30. Rennsteiglauf, den ich mir jemals hätte vorstellen können, und dir einen großen Sieg über dich selbst geschenkt! Ich war selten so glücklich!

Nachsatz:
Unsere kleine Geschichte ist eine von vielen Geschichten, die der Rennsteiglauf schreibt. Nur für uns ist sie eine ganz besondere. Das Erlebte sitzt tief und die Worte hier vermögen nicht ansatzweise die Großartigkeit des Tages und die Wucht der Gefühle widerzuspiegeln.

Und unsere Geschichte gehört zu den Geschichten unserer Freunde, mit denen wir den Tag verbracht haben, die auch alle ihr persönliches Ziel 2010 erreicht haben und mit denen wir, wie schon im Jahr zuvor, und davor, und davor auch …. am Abend im Festzelt gesungen haben: „... hei hei hei ho, im nächsten Jahr, sind wir alle wieder da …!“
Und doch ist der nächste Rennsteiglauf gefühlt diesmal so weit weg, wie es vorher noch kein anderer war …  es kann wohl kaum noch schöner werden!

 

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